Das Tagebuch

14.2.23
Die gute Nachricht der Woche
Die gute Nachricht der Woche heute schon, am Dienstag? Die Woche hat doch grade erst angefangen? Da könnte doch noch so allerhand Positives passieren, sollte man meinen!
Andererseits, eine bessere Nachricht als die, dass jetzt auch in Ber­lin die FDP aus dem Rathaus geschreddert wurde, ist wohl kaum vor­stellbar.
13.2.23
Heute ...
... hab ich mir noch mal witzefrei genommen.
12.2.23
Das große Identitähtärähh
(Neue Serie)
"Wem kann man heute noch glauben?
Und was kann man denn noch glauben?
Und woran kann man sich noch orientieren?
Hilfe!"
Es heißt neuerdings immer öfter, egal wo man hinkommt, dass es keine Werte mehr gäbe. Sämtliche Gewissheiten seien weggebrö­selt, ehemals feste Überzeugungen hätten sich in Luft aufgelöst. Man fühle sich so verlassen, weil man sich auf nichts mehr verlassen könne. Nicht mal auf die Grammatik. Und Orthografie, Dramatik und sich selber. Die Litanei ist lang:
Das Vertrauen sei dahin, die Hoffnung ein für alle Mal gestorben, die Visionen futschikato, Respekt auf Reisen und die Liebe ad acta, Humanität auf Schusters Rappen, die Offenheit im Keller und das Mitgefühl sei auf Nimmerwiedersehen flöten und die Freundlichkeit Zigaretten holen gegangen, Vorurteilslosigkeit sei ein Fremdwort geworden, die früher für die Ewigkeit in Marmor gemeißelten Iden­titäten: verflogen-verschimmelt-verraten & verkauft und sowieso: Die Welt sei nicht aus irgendwelchen Fu­gen, sondern ganz einfach schlicht und ergreifend unwieder­bring­lich im Arsch.
Nur eine Frage bleibt dabei immer irgendwie auf der Strecke: Der Glaube. Die Frage nach dem Glauben. Und der wollen wir hier an Ort und Stelle künftig in unregelmäßigen Abständen, neugierig wie wir nun mal sind, nachgehen.
Und in der 1. Folge sollen nun die Christen bevorzugt dran glauben.
+++
Die Christen haben's ja, was ihren Glauben betrifft, relativ sim­pel. Die brauchen sich nich um die andern Dinge zu kümmern; die haben ihr ganz eigenes Glaubensbe­kenntnis. Das ist zwar reich­lich lang, es reichten eigentlich auch die ersten paar Zeilen. Aber was soll's?! Aufi geht‘s! Was glauben die Christen denn so?

„Ich glaube an Gott,
den Vater, den Allmächtigen,
den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus,
seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn,
empfangen durch den Heiligen Geist,
geboren von der Jungfrau Maria ...“

Ja, Himmel Herrgott Kruzitürken!! Sonst noch wat?! Is' genug!!!
Nee nee, nixda! Außerdem: Genug ist nie genug. Und weil‘s so schön aus dieser Welt war, tippen wir noch diesen Part hier ab, liebe Glaubensbrüder und Schwestern:

„… gelitten unter Pontius Pilatus,
gekreuzigt, gestorben und begraben,
hinabgestiegen in das Reich des Todes,
am dritten Tage auferstanden von den Toten,
aufgefahren in den Himmel;
er sitzt zur Rechten Gottes,
des allmächtigen Vaters;
von dort wird er kommen,
zu richten die Lebenden und die Toten ...“

So, ich glaub, jetzt reicht‘s aber, oder?
Nee, nee. Mach noch den Rest!
Der Rest klingt genauso. Den kann man sich sch …
Nee,komm, mach den Rest!

...“Ich glaube an den Heiligen Geist,
die heilige katholische Kirche,
Gemeinschaft der Heiligen,
Vergebung der Sünden,
Auferstehung der Toten
und das ewige Leben.
Amen.“

Ja. Und Amen.
Und det Janze entstammt wohl – ohne den Christen jetzt zu nahe treten zu wollen - ziemlich genau derselben durchlaucht durch­leuchteten Jenseitserfah­rung der Herren Moses und Mohammed, Mutter Beimer und Rudi Carrell. Aber da müssen die Christen schon selber mit klar kommen.
Und nächste Woche, liebe Kinder, gucken wir uns an, was unsere Mohammedaner denn alles so für möglich halten. Vielleicht fällt da ja auch noch der ein oder andere Witz bei ab ...
11.2.23
Heute hab ich ...
... witze-frei.
10.2.23
Hallo taz!
Einen langen Brief hab ich von Ihnen erhalten. Sie schreiben:
„Lieber Herr Wolfgang Nitschke,
Sie haben echt Arsch in der Hose. Sie setzen sich mutwillig jeden Tag oder zumindest einmal in der Woche mit einer ganzen Zeitung auseinander. Hut ab! Dabei sind die täglichen Nachrichten keine leichte Kost, und“ ... so weiter und so fort.
Der Inhalt in Kürze: Sie bedanken sich für meine Abo-Treue und wollen mir hierauf diverse Sonderausgaben andrehen. Ja, vielen Dank auch.
Nur das vorweg:
Ich habe da weder drum gebeten noch gebettelt, noch will ich die. Und noch was zur Klarstellung: Sie haben Ihren ellenlangen Sermon im Wesentlichen so formuliert, als hätten Sie den eigens nur für mich zusammengeschwurbelt, damit ich mich persönlich angespro­chen fühle. Für wie blöd halten Sie mich eigentlich?
Ich bin tatsächlich seit der ersten Null-Nummer (1978) ununter­brochen Abonnent der taz. Aber ob aus Übereinstimmung, Faulheit sie zu kündigen oder Papierverschwendungssucht weiß ich manch­mal selber nicht. Was ich jedoch garantiert nie mache, ist, „mich mutwillig jeden Tag mit der ganzen Zeitung auseinanderzusetzen.“
Also, alles keine Gründe für Sie, vor Freude in die Luft zu springen. Ich frage mich nur: Warum geben Sie sich bloß, wie man so hört, immer so viel Mühe beim Machen ihres Blattes, wenn Sie selbst langjährige Abonnenten für so dermaßen dämlich und hintermondig halten, auf solche Taschenspielertricks und billige Anwanzereien hereinzufallen?
Sie können mir allerdings ruhig auch in Zukunft derartigen Mist rübermailen. Dann weiß ich wenigstens, woran ich bin, und brauche nicht „jeden Tag die ganze Zeitung“ durch zu ackern. Soviel Arsch muss sein.
Vielen Dank noch mal und im Voraus
Schönen Tach auch
Wolfgang
9.2.23
Wider den Horror auf Socken
Es ist schröcklich, doch da muss man durch. An praktisch jeder Straßenecke kommt einem zur Zeit irgend so'n lästiger Lappen­klon entgegen. Lustig lustig. Aber da kannste nix gegen machen. Man kann denen ja nicht allen sofort ihre Pappnase polieren. Nur wenn der totale Horror auf Socken im Anzug ist, wenn die Funken, die roten und die Wasweißichfürfunken mit Bläck-Föös- und Höhner-Terror auf dich zu mar­schieren, ist es höchste Zeit, sich zu verdün­nisieren, und zwar spätestens gegen 20 Uhr in den Tsunami-Club, im Ferkulum Nr.9, Südstadt.
Da gibt‘s ein Konzert mit Danny Dziuk, Karl Neukauf & Krazy!
Garantiert pappnasen-freie Zone. (Obwohl … in dieser Stadt würd' ich da jetzt auch nicht meine Pfoten für ins Feuer legen.)
Man kann natürlich auch zu Hause bleiben. Nur, was willste da?
8.2.23
Tätääh, tätääh, tätääh – es geht in die Schlusskurve
Es gibt eine anthropologische Konstante, liebe Leute … oder anders: Wir wollen ja nicht immer so maßlos übertreiben. Denn vielleicht gilt das ja auch nur für Deutschland. Oder noch genauer: Vielleicht auch nur für die Gegend, in der man den WDR empfangen kann. Denn im WDR gilt die in ungezählten Vorkommnissen als richtig erwiesene, eherne Grundregel: 80 Prozent der Konsumenten sind nicht bzw. in keinster Weise „Witze-kompatibel“, zu deutsch: Die können, wie keine kleinenKinder keinenKirschkern knacken könn'n, keinen klitze-klei­nen Witz kapier'n. Insofern kann man getrost die 80 Prozent auch wieder aufs ganze Land beziehen.
In Aachen begab es sich nun vor einigen Tagen bei einer sog. „närri­schen“ Zusammenballung närrischer Narren, dem närrischen Festakt des Ordens „wider den tierischen Ernst“, von dem man halten kann, was man will (ich persönlich jedenfalls nix), dass die oben genannte Grundregel ein weiteres Mal in Stein gemeißelt werden konnte. In einer Art Graf-Dracula-Kostü­mierung flatterte die FDP-Dame Strack-Zimmermann auf die Bühne und büttete in klassischen Holperversen diverse harmlose Wahr- und Offensichtlichkeiten über Friedrich den Großen, Merz, den Knallerb­senkanzler, in die Bütt, die, wären sie nicht gereimt gewesen, auch nicht der Rede wert gewesen wären - weil keiner über die unge­reim­te Wahrheit gelacht, sondern jeder nur mit seinem närrischen Kopp genickt hätte: „Ja, so wird er wohl sein, der sauerländische Knallerbsenkanzler.“
Der aber fühlte sich richtig angesprochen, war dementsprechend auf der Stelle beleidigt, und schon am nächsten Tage flatterte der Strack-Zimmermann die Aufforderung ins Haus, sich beim Knallerb­senkanzler für „die Entgleisung zu entschuldigen.“
So weit, so vorhersehbar, so lang wie langweilig.
Doch wer wollte, konnte an dem Abend auch eine wichtige Erkennt­nis mit nach Hause nehmen, nämlich die 2. deutsche Grundregel: Humorlose Menschen sind allgemein gefährlich.
Einwand, hohes Gericht! Aus den 80 Prozent hat doch keine Sau da von irgendwas mitgekriegt.
Müssen se auch nicht. Wichtig ist nur die Zahl. Es sind 80 Prozent!
D.h. auf ottonormal: mehr als die dicke absolute Mehrheit! Und für die restlichen 20 Prozent heißt das: Entweder werden die der dann regierenden Mehr­heit einfach schnurzegal sein oder auch noch auf Linie gebracht. Und frag nicht wie!! Dann aber gute Nacht, Marie!
7.2.23
Freie Fahrt für freie Witze?
Auch wenn hierzulande bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit kollektiv das hohe Loblied angestimmt wird auf die freiheitlichste Gesellschaft, die jemals auf deutschem Boden usw usf,
und wenn auch der deutsche Bürger und seine Bürgerin immer noch der Meinung sind, sie hätten diese Freiheit inkl. Meinungsfreiheit sogar verdient, obwohl sie ihnen doch von anderen geschenkt wor­den ist und sie selber nichts dazu beigetragen, sondern nur mosernd im Weg rumgestanden haben (und das ist bei 50 Millionen selbstver­schuldeten Toten allein im WK2 schon mächtig verharmlosend aus­gedrückt),
wenn dieses feine Volk in der Folge dann trotzig darauf pocht, sogar das Wort Meinungfreiheit von Grund auf missverstehen zu dürfen („Das wird man hier ja wohl noch sagen ...!“ etc.),
und wenn diese feine Gesellschaft sich schlussendlich obendrein im Namen der Meinungs­freiheit zum Weltmeister im Tabubrechen hoch­malocht hat,
wenn also... äh… Moment... was wollt ich eigentlich...? Ich glaub, ich hab irgendwie den Faden verloren …äh ...
Ach, da isser ja!
Also, obwohl es so ist, wie es ist, so hat sich das eine oder andere Tabu doch noch halten und vor dem Zugriff der Deutschen retten können. Zum Beispiel gibt es durchaus einige Sachen, die sagt man einfach nicht und die tut man nicht. Und die macht man dann auch nicht.
Jetzt aber bitte nicht wieder diese unsägliche Negerdebatte!!
Nee nee! Schon gut! Is ja jetzt auch klar: Bis vor kurzem hatte man noch ganz unschuldig Neger gesagt. Aber da war man ja schließlich auch Rassist. Heute sagt man nicht mehr Neger, sondern sucht krea­tiv nach Alternativen, und zack! schon is man keiner mehr. Nur kurz nebenbei unter uns: Muss ich jetzt eigentlich das Wort Neger in An­führungszeichen setzen? Oder reicht es, auf die Intelligenz des Le­sers oder der Leserin zu vertrauen?
Ja, weiß ich, ehrlich gesagt, auch nicht so recht. Aber wo drauf woll­teste denn jetzt hinaus?
Auf Namenswitze. In unsrer Witzeerzählerbranche gibt‘s doch das unabgesprochene, doch zumeist eingehaltene Tabu: Keine Namens­witze! Weil die in der Regel nur blöd oder effekthascherisch daher­kommen und ja auch gar nix dafür können!
Aber manche sind, find ich, trotzdem ganz lustig. Als ich zum Bei­spiel vor zig Jahren mit meiner Oma mal die ZDF-Hitparade gucken musste und der Karel Gott von der Biene Maja …
Ja, ja, ich weiß. Da hat deine selige Omma völlig entrüstet gerufen: „Wie kann der Mann sich denn bloß Gott nennen?“ Und hat die Kiste sofort ausgeschaltet.
Aber was ist denn mit diesem Witz hier? Ganz aktuell. Die CDU hat doch jetzt diesem ehemaligen Verfassungsschutzchef, dem Maaßen, das Ultimatum gestellt, bis Donnerstag von sich aus aus der Partei auszutreten. Aber die CDU-Zentrale in Berlin hat bis heute keine Post von ihm gekriegt. Auch sein Freund und Führungsoffizier der Bundeswehr und seit 2020 Generalsekretär der CDU Thüringen hat, wie er verkündete, noch nichts von ihm gehört, und der müsste es doch nun wirklich wissen. Schließlich heißt der Herr „Christian“. „Christian Herrgott“.

P.s.:
Falls Sie über diesen Witz auch nicht lachen konnten, hier, zum Trost ein wirklich guter:
Vor zig Jahren, als ein rechtsradikaler Mob in Dingsbums, äh, in Rostock-Lichtenhagen tagelang ein Ausländerheim demolierten und Jagd auf die zu Tode verängstigten Bewohner machten, da saß in einer Talkshow, von Elke Heidenreich moderiert, auch unser guter Derrick, der Fernsehkommissar Derrick. Und als es in der Plauder­runde um die randalierenden Neonazis ging, meldete sich Derrick, der vorher eingeschlafen war, total aufgebracht und fix und fertig zu Wort und schimpfte:
„Schrecklich! Das ist ja alles unglaublich. Aber der Hitler, das sag ich Ihnen, der hätte mit diesen Neonazis ganz einfach kurzen Pro­zess gemacht!“
6.2.23
In nicht nur eigener Sache:
Mein Buchtipp für den Rest
Alle Dinge hier auf Erden haben bekanntlich nicht nur die eine, sondern mindestens noch 'ne zweite Seite: Das Positive z.B. das Negative, das Leben den Tod, die Lust den Frust, der Mann die Frau oder später durchs Älterwerden, Alzheimer, Parkinson, Verkalkung oder natürliche Verblödung und ähnliche Scherze der Evolution der Gedächtnisverlust das Bedürfnis, sofern man noch im Groben alle seine Groschen beisammen hat, das Verloren­gegangene sich wieder zurückzuholen.
Vor 10 Jahren erschien von Wolfgang Pohrt in der Edition Tiamat sein letztes Buch „Das allerletzte Gefecht – Über den universellen Kapitalismus, den Kommunismus als Episode und die Menschheit als Amöbe“, eine gnadenlose Generalabrechnung mit der Linken im All­gemeinen lokal und global und mit sich und dem Linksradikalismus im Besonderen.
(Gut, Sie sehen, es geht um eine Minderheit, aber um eine mit einer ziemlich großen Klappe. Und man kann sich schließlich ja auch mal, selbst wenn man sich nicht tangiert fühlt, für ignorierte Minderhei­ten interessieren. Tun se ja sonst auch, oder?)
In den vergangenen Tagen, angeregt durch die großartige Pohrt-Bio­graphie von Klaus Bittermann, kramte ich mir noch mal sein Quasi-Testament „Das allerletzte Gefecht“ aus dem stumm dahinschlum­mernden Bücherfriedhof an der Wand. Und stellte nicht nur fest, dass ich tatsächlich alles vergessen hatte, sondern auch, dass man das Buch heute noch – ten years after – mit großem Gewinn lesen kann, weil der Wind letztendlich doch nicht alles so einfach weg­geblasen hat.
Wer also aktuellement wissen will, wie es mit, trotz oder auch ohne sog. „Flüchtlingskrise“, Klimakollaps, „Wumms und Zeitenwende“ um den universellen Kapitalismus, den Kommunismus als Episode und die Menschheit als Amöbe so steht und auch wohl weitergeht, der ist mit dieser Lektüre mehr als bedient.
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Wolfgang Pohrt, „Das allerletzte Gefecht“
Und für alle, die nie genug kriegen können, sein vorletztes Buch aus dem Jahre 2012:
„Kapitalismus forever – Über Krise, Krieg, Revolution, Evolution, Christentum und Islam“
Auch sehr lustig. Zwei Bücher, die einen recht einsam zurück lassen. Aber man weiß danach zumindest, dass man immerhin zu zweit ist. Und falls se noch was vorhaben, Sie kennen ja vielleicht noch von der "Neue-deutsche-Welle"-Band "Grauzone" aus den 80ern des letz­ten Jahrhunderts den Smash-Hit:
"Der Weg zu zweit ist halb so weit"