Das Tagebuch

15.3.25
Trommeln in der Nacht *)
Der Krieg ist noch nicht vorbei, da reißen sich die Sieger auf beiden Seiten schon den Rest untern Nagel, den sie in der kurzen Zeit nicht kaputt kriegen konnten. Man fragt sich nur: Wozu der ganze Scheiß? Und wie kommt man raus aus der selbst-verschuldeten Bre­douille?
Nun, Pazifismus wäre sicher die einfachste, schnellste und billigste Lösung, weil nix kaputt und keiner tot; nur dummerweise nicht mehr­heitsfähig. Denn eine eiserne Regel wie in Stein gemeißelt lautet: "Wenn die Dummen nicht mitmachen, hat’s keinen Sinn." Und am Ende sind's immer die Dummen. **)
Was hätten wir sonst noch anzubieten? Einen flüchtigen Blick in die Geschichte zum Beispiel. Doch da laufen und liken die Meinungen auch ex­trem auseinander. Nützt demnach auch nix.
Gehen wa also noch n Schritt weiter zurück. Da sagen die klugen Anthropologen, unsere großen Menschenkenner: Hier seid ihr richtig. Das gesamte Kriegs- und Macho-Gehampel hätte seinen Ursprung in der Zeit, als einige abseitigen Affenartigen auf die grandiose Idee ka­men, nicht mehr ganz normale Affenartige sein zu wollen, sondern simpel was Besonderes, was Besseres. Und das auch noch aufrecht stehend. Das er­streckte sich natürlich über einen sehr, sehr langen Zeitraum. Man spricht so von übern Daumen Millionen von Jahren. Und wie wir wissen und jeden Tag aufs Neue erfahren, ist der sog. Menschwer­dungsprozeß noch lang nicht abgeschlossen. Und es gibt heute schon sehr viele, die sagen:
„Ach, weißte was? Ich will’s auch gar nicht mehr wissen. Bis hierhin reicht's mir schon.“
Ja, und das hatt ich mir auch schon fast so gedacht.
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*) Zweites Stück von B.Brecht, 1919
**) Das Original-Zitat stammt von J.Becker und hieß „Wenn die Frau nicht mitmacht, hat’s keinen Zweck.“
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