Der Wahrheitsgehalt der ‚BILD‘-Zeitung – das wissen selbst die ahnungslosesten ‚BILD‘-Leser am besten – liegt auf einer angenommenen Wahrheitsskala von 0 bis 10 bei ungefähr ‚minus 20‘.
Das einzige, was der Wahrheit noch am nächsten kommt, ist erfahrungsgemäß das Impressum. Von daher lohnt es sich normalerweise nicht, dieses saubere Unterhosenblatt auch nur zu zitieren. Jeder stöhnt dann nur
„Ach ja, komm, ‚BILD‘-Zeitung! Was soll's.“
Bei einem ‚Artikel‘ der gestrigen Ausgabe aber trifft die Beschreibung ausnahmsweise wahrscheinlich mal nicht zu. Die Meldung beginnt mit der Headline in den klassischen etwas größeren Buchstaben:
„Nach Sex-Party im Kitkat-Club:
Polizistin soll Kollegen mit Penispumpe missbraucht haben
Trans-Frau kandidierte als Frauenvertreterin für die Berliner Polizei“
Unter der Überschrift hat die sensible Redaktion ein Privatphoto von ihr abgedruckt, auf dem sie vom Scheitel bis zu den Oberarmen, mit schulterlangen blonden Haaren und bekleidet mit ihrer Polizeiuniformjacke abgebildet ist. Mit einem schwarzen Balken über Augen und Nase hat sie, die Redaktion, wohl versucht, sie – nicht die Redaktion – vergeblich unkenntlich zu machen. Denn wer die Frau kennt oder auch nur einmal gesehen hat, weiß sofort, wer das ist.
Die Redakteurin Nicole Biewald beginnt ihren Artikel mit dem Satz:
„Polizeimeisterin Judy S. (27) aus Berlin steht unter Verdacht, zwei Kollegen missbraucht zu haben. Eine Durchsuchung ihrer Wohnung verlief „mit Erfolg“.“
Wer mehr wissen will, muss erst das „BILD“plus-Abo bezahlen usw usw.
Wenn es zum Prozess kommt – wegen Missbrauch der Pressefreiheit, mag der Springer-Verlag das wie immer wohl aus der Portokasse bezahlen, während die Wahrheit wie in jedem Fall tot auf der Strecke liegen bleiben wird.
Aber was soll's.